Prof. Dr. Lambert Wiesing Lehrstuhl für Bildtheorie + Phänomenologie am Institut für Philosophie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Den Zustand des Nichtwissens gilt es am besten durch Wissenschaft zu überwinden; denn die Wissenschaft beschreibt die Realität, wie sie ist. Doch genau das sehen sowohl antike Skeptiker als auch postmoderne Philosophen der Gegenwart ganz anders: Etwas zu wissen ist aus ihrer Sicht immer mit dem Nachteil verbunden, dass ein glückseliges Leben beziehungsweise eine plurale Gesellschaftsordnung gefährdet wird. Die Einsicht in die Unhaltbarkeit von Wahrheitsansprüchen, ist aus ihrer Sicht daher kein Verlust, sondern ein befreiender Gewinn. Die befreiende und emanzipatorische Absicht hinter skeptischen und postmodernen Philosophien kippt regelrecht ins Gegenteil um, wenn der prinzipielle Zweifel an der Möglichkeit, etwas zu wissen, nur noch für die Meinung des anderen in Anspruch genommen wird. Es ist diese gefährliche Kehrseite skeptischer und postmoderner Philosophien, die Teile des gegenwärtigen gesellschaftlichen Lebens in bedenklicher Weise prägen.